Ausdauertraining & Krafttraining
(Michael Koller) Was bringen die besten Trainingskonzepte und Trainingsmethoden, wenn sie für die individuelle Zielsetzung falsch angewendet werden? Nur wer über die physiologischen Zusammenhänge Bescheid weiß, kann die Effizienz steigern.
Beides ist wichtig, aber wie bringt man beides sinnvoll unter einen Hut?
Es ist völlig egal, ob die Zielsetzung gesundheitlich oder sportlich ausgerichtet ist. Kraft- und Ausdauertraining müssen aufeinander abgestimmt werden. Würde man eine der beiden Trainingsformen vernachlässigen, liefe man Gefahr, dass das Ziel nicht erreicht werden kann. Sehr brisant wird der Themenbereich im Laufsport, denn durch Krafttraining kann die Leistungsentwicklung unterstützt und die Verletzungsbzw. Überlastungswahrscheinlichkeit minimiert werden. Um es gleich vorwegzunehmen: Laufen ist kein Krafttraining, auch wenn man einen Muskelkater bekommt! Auch Berganläufe oder Läufe im Gelände haben mit Krafttraining im engeren Sinne nichts zu tun. Interessant ist jedoch, dass sowohl Laufen als auch das Krafttraining den Bewegungsapparat stark beanspruchen. Daher ist es wesentlich, intensive Läufe (z. B. HIIT oder Tempoläufe) nicht mit Krafttrainingsvorbelastungen zu absolvieren. Eine derartige Kombination reduziert die Dämpfungseigenschaft der Muskulatur in der folgenden Laufeinheit. Sehnen, Knorpel und Gelenke werden ohne Schutz der Muskulatur deutlich mehr beansprucht und können verletzt werden.
Idealerweise sollten zwei Kraftrainingseinhieten pro Woche absolviert werden.
Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten. Die meisten Athlethen absolvieren ihr Krafttraining an den lauffreien Tagen. Eine andere Variante ist, am Morgen ein Krafttraining und in der zweiten Tageshälfte das locker niedrigintensive Ausdauertraining zu setzen. Diese Variante ist aus trainingswissenschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll. Dadurch kann das beanspruchende Krafttraining im regenerierten Zustand durchgeführt werden und der lockere Lauf beansprucht nicht zu sehr. Umgekehrt (morgens: lockerer Lauf / abends: Krafttraining) ist auch möglich, wird aber von den meisten Athleten verständlicherweise als unangenehm empfunden, da die Energie für das Krafttraining am Abend oft fehlt.
Abzuraten
Abzuraten ist von einer direkten Aneinanderreihung von Kraft- und Ausdauertraining (Reihenfolge egal). Grund sind die unterschiedlichen Signalkaskaden, die in der Trainingsanpassung durch Krafttraining und Ausdauertraining angestoßen werden. Die Adaptation beim Krafttraining wird durch den master switch mTOR stimuliert. Beim Ausdauertraining ist das PGC-1 der Hauptregulator für die mitochondriale Biogenese. Beide Proteine stören sich gegenseitig in ihrer Aktivität. So kommt es zu einer reduzierten Trainingsanpassung für den ersten Trainingsreiz. Das führt zum Beispiel bei einem Ausdauertraining nach einem Krafttraining zu geringerer Signaltransduktion durch das Protein mTOR, was unter anderem das Muskelwachstum hemmt. Folgt unmittelbar nach einem Ausdauertraining ein Krafttraining, so können keine besseren, größeren oder neuen Mitochondrien entstehen, die wiederum entscheidend für die aerobe Basis sind.
Organisatorische Gründe?
Ist es aus organisatorischen Gründen nicht möglich, Ausdauer- und Krafttraining mindestens drei Stunden voneinander zu trennen, dann hat man in dieser Trainingskombination außer einem größeren Verbrauch an Energie durch die Trainingsaktivität keinen weiteren großen Nutzen zu erwarten. Das hat nur in Anbetracht von Gewichtsreduktion als Trainingsziel Bedeutung und darf hierbei daher auch nicht gänzlich vernachlässigt werden.